Jeder Meditierende hat schon Bekanntschaft mit den fünf Hindernissen gemacht. Zweifel, Unruhe, Trägheit, Widerwillen und Verlangen sind die „Störenfriede“ jeder Achtsamkeitsmeditation. Die gute Nachricht ist: sie sind nicht nur nervig. Wenn wir auf gekonnte Weise mit ihnen umgehen, sind sie der beste Dünger, den wir uns für unsere Achtsamkeitspraxis wünschen können.
Bereits vor über zweieinhalbtausend Jahren stellte der Buddha fest, dass man während der Meditation Bekanntschaft mit verschiedenen „unheilsamen Geisteszuständen“ macht.
In der buddhistischen Psychologie werden sie als „Die fünf Hindernisse“ (auch Hemmungen oder Hemmnisse) bezeichnet. Sie gelten als hinderlich, weil sie eine erfolgreiche Achtsamkeitsmeditation verhindern, indem sie die Einsicht in die wahre Natur der Dinge (Wirklichkeitserkenntnis = vipassanā) verzerren oder sogar verhindern.
5 Hindernisse in der buddhistischen Psychologie
ZWEIFEL
auch: Skepsis
Zweifel zeigt sich in der Achtsamkeitsmeditation an inneren Sätzen wie: „Ich weiß gar nicht, ob ich das richtig mache“; „Ob das wirklich etwas für mich ist?“; „Wie soll mir das bei meinen Problemen im Alltag den helfen?“ etc.
UNRUHE
auch: Ungeduld, Ruhelosigkeit, Aufgewühltsein
Übermäßiges Interesses an etwas oder jemand anderem: „Hoffentlich veranstalten die Kinder zu Hause kein Chaos“, „Meine Kollegen müssen die ganze Arbeit in dieser Woche ohne mich schaffen“ etc.
TRÄGHEIT
auch: Müdigkeit/Schläfrigkeit, Mattigkeit, Langeweile, Stumpfheit
„Ich könnte auf der Stelle einschlafen“; „Man, ist das langweilig“ etc.
WIDERWILLEN
auch: Widerstand, Ablehnung, Unzufriedenheit, Gereiztheit, Verweigerung und Hass
„Die Anleitende hat eine unmögliche Stimme“; „Was mache ich hier eigentlich, das ist doch alles Blödsinn“ etc.
VERLANGEN
auch: Sinnliches Begehren, Gier
„Ich habe Hunger“; „Ich wäre jetzt gerne in der Stadt beim Shoppen“; „Ich brauche jetzt einen Kaffee/Zigarette“ etc.
Selbstbestimmt und glücklich leben aus der Kraft der Achtsamkeit
Finde deine innere Wahrheit und lebe sie authentisch und frei.
Vertraut werden mit dem Ungeliebten: Die fünf Hindernisse erforschen
Wenn du mit der traditionellen Achtsamkeitspraxis schon etwas vertraut bist, dann ahnst du sicherlich bereits, dass der zielführende Umgang mit den fünf Hindernissen nicht darin besteht, ihnen aus dem Weg zu gehen.
Und tatsächlich: auch hier wenden wir uns nicht ab, sondern schauen genau hin und erforschen, was unsere Meditation torpediert. In den buddhistischen Geistesschulungen zur Achtsamkeit gibt es dafür klar beschriebene Vorgehensweisen.
Fünf hervorragende Meditationsobjekte
Vor allem sollte vermieden werden, das jeweilige Hemmnis zu füttern, indem Widerstände dagegen aufgebaut werden. Widerstände baut nur auf, wer ein falsches Verständnis von dem hat, was da vor sich geht – denn in Wahrheit sind die fünf Hindernisse hervorragende Meditationsobjekte.
Durch sie lernen wir besser zu verstehen, was in unserem Geist vor sich geht und der Umgang mit diesen Schwierigkeiten trainiert unsere Fähigkeit, auch im Alltag besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Denn die Hindernisse Zweifel, Unruhe, Trägheit, Widerwillen und Verlangen begegnen uns nicht nur in der Meditation – auch im Alltag.
Indem wir lernen, sie in der Meditation zu meistern, kommt uns diese Fähigkeit auch bei alltäglichen Problemen zugute.
Weder Widerstand noch Hingabe
Keinen Widerstand gegen die fünf Hindernisse aufzubauen bedeutet andererseits aber nicht, dass wir uns ihnen hingeben und in einer geistig schlaffen Hängematte vor uns hin schaukeln sollten.
Wie überall haben auch hier die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt.
Vier Schritte zum heilsamen Umgang mit den fünf Hindernissen
Die Anleitung der buddhistischen Geistesschulung lautet, das Hindernis umfassend zu erforschen. Jedes Hemmnis hat körperliche, emotionale, kognitive und antreibende Aspekte. Sie zu erforschen bedeutet, mit jedem dieser Aspekte vertraut zu werden und sie zu durchschauen.
Das Prinzip zum Umgang mit Schwierigkeiten lautet: Erkennen, benennen, ausgleichen, sein lassen.
Erkennen
bedeutet, nichts zu verdrängen und keine Widerstände gegen das Unvermeidbare, Unausweichliche aufbauen, sondern mit klarem Geist anzuerkennen, was im gegenwärtigen Moment geschieht.
Benennen
bedeutet, der Erfahrung einen Namen zu geben und einzuordnen, um welches Hindernis es sich handelt.
Ausgleichen
bedeutet, zur Ausgewogenheit einer natürlichen Harmonie zurückzukehren und Extreme zu vermeiden.
Seinlassen
bedeutet, sich nicht in ein Problem hineinzusteigern, sondern sich damit abzufinden, dass die Realität im gegenwärtigen Moment anders ist, als man sie gerne hätte.
Den 5 Hindernissen mit „Gegengiften“ begegnen
In der buddhistischen Psychologie wird im Umgang mit den fünf Hemmnissen von Gegengiften gesprochen:
- Verlangen wird schwächer, indem du über Vergänglichkeit und Tod reflektierst.
- Wut lässt nach, wenn du über liebende Güte und Mitgefühl meditierst.
- Schläfrigkeit begegnest du, indem du frische Energie aktivierst (zum Beispiel durch eine Veränderung deiner Sitzhaltung oder einige tiefe Atemzüge).
- Ruhelosigkeit lässt sich verringern, wenn du mehr Konzentration in der Meditation erzeugst.
- Das Gegengift für das Hindernis Zweifel ist Vertrauen in die Erfahrung und das Wissen guter Lehrer (persönlich oder auch durch Bücher).
Meditationspraxis und Alltag
Mit Weisheit zu handeln bedeutet, einen heilsamen Umgang mit den fünf Hindernissen zu entwickeln, um daran zu wachsen. Je mehr du dich an diese Art gewöhnst, mit Schwierigkeiten umzugehen, desto mehr kannst du diese Fähigkeit auch zur Bewältigung unserer Alltagsprobleme anwenden.
Dein Achtsamkeitsimpuls
News und Inspiration für ein achtsames Leben
Ein ,fuer mich, sehr nuetzlicher Artikel. Vor allem die Erwaehnung der Zweifel. Diese Worte sind fuer mich das “ Gegengift“.
Danke
Liebe Christine,
ich freue mich sehr, dass du in diesen Worten ein „Gegengift“ gefunden hast, das auch noch völlig nebenwirkungsfrei ist. 😉
Aloha,
Doris
Ich finde die Beiträge ausgezeichnet! Leider wohne ich tief im süden und bin schon 65 Jahre und nicht so gesund. Gerne würde ich sonst persönlich dabei sein, weil es mich sehr anspricht. Ich übe Yoga seit mehr als 40 Jahren.
Danke für deine lieben Worte, Gabriele,
es wäre bestimmt schön gewesen, dich dabei zu haben. 🙂
Aloha und alles Liebe für dich,
Doris
vielen Dank freue mich auf jeden Montag