Mit achtsamem Autofahren als Übung bringst du mehr Achtsamkeit in deinen Alltag. Meditieren hinter dem Lenkrad ist weniger schräg, als es sich vielleicht anhört. Es trainiert Achtsamkeit und trägt zu deiner Sicherheit auf der Straße bei. Außerdem macht es Freude.
Es gibt Tage, da bleibt keine Zeit für die ausführliche Meditation auf dem Kissen. Dennoch brauchen wir nicht auf Achtsamkeit zu verzichten. Wir richten unsere Aufmerksamkeit einfach mehr auf die informelle Praxis. Informell praktizieren bedeutet, alltägliche Verrichtungen zur Achtsamkeitsübung zu machen, indem wir sie bewusst ausführen. Zum Beispiel das Autofahren.
Eines der besten Mittel gegen das Altwerden ist das Dösen am Steuer eines fahrenden Autos.
Juan Manuel Fangio
Achtsamkeit: Ein Zustand absoluter Wachheit
Es gibt Meditationen, deren Ziel es ist, völlig abzuschalten, um sich zu entspannen. Bei der Achtsamkeitsmeditation hingegen ist das Ziel nicht Entspannung, sondern Einsicht. Einsicht in die eigenen Denkweisen und Verhaltensmuster zu erlangen, wirkt auch entspannend – aber eher langfristig (dafür jedoch nachhaltiger).
Achtsamkeit ist ein geistiger Zustand, der von äußerster Präsenz, Wachheit und Klarheit gekennzeichnet ist. Du hast also beim achtsamen Autofahren beides in einem: Meditation in Form eines Bewusstseinstrainings und einen wachen, klaren Geist.
Ein waches und gut organisiertes Gehirn
Der amerikanische Neurowissenschaftler Richard Davidson und sein Team erforschten 2004 die Gehirne von Mönchen während des Meditierens. Sie fanden bei ihren Probanden Gehirnwellenfrequenzen in einer Höhe, die bei nicht-meditierenden Menschen nicht auftreten: sogenannte Gammawellen.
Den Zustand, in dem das Gehirn Gammawellen erzeugt, bezeichnen die Wissenschaftler als Hyperwachheit. Aber die Mönche waren im Zustand der Meditation nicht nur wacher, sondern auch klarer: Die Bewegungen der Wellen waren deutlich besser organisiert als bei den Personen der nicht-meditierenden Kontrollgruppe.
Achtsamkeit üben beim Autofahren
Die Fähigkeit des Gehirns, einen wachen, klaren Bewusstseinszustand willentlich zu erzeugen, können wir uns auch beim Autofahren zu nutze machen. Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei unserer Fähigkeit zu, den Fokus beim Atem zu halten, während wir aufmerksam am Straßenverkehr teilnehmen.
Den Atem als Anker für Achtsamkeit nutzen
Der Fokus in der Achtsamkeitsmeditation liegt schwerpunktmäßig beim Atem. Beim achtsamen Autofahren ist das nicht anders. Du bist dir also während des Fahrens, quasi im Hintergrund, bewusst, dass du atmest und welche Empfindungen der ein- und ausströmende Atem im Körper erzeugt.
Wenn du bemerkst, dass du dich gedanklich im Grübeln über Vergangenes oder im Planen von Zukünftigem verloren hast, kannst du dich immer wieder von neuem im Atem verankern. Das ist die Übung: Der Geist geht auf Wanderschaft und wir nutzen Achtsamkeit, um ihn wieder ins Hier und Jetzt zurückzubringen.
Schon vor Fahrantritt mit dem Üben beginnen
- Du kannst mit dem achtsamen Autofahren bereits beginnen, in dem du die Tür deines Autos bewusst öffnest.
- Nimm Platz und werde dir des gegenwärtigen Moments bewusst: Welche körperlichen Empfindungen kannst du gerade wahrnehmen (die Kühle des Sitzes, den Kontakt zwischen Gesaäß und Sitz, deine Körperhaltung)? Welche Gedanken gehen wir gerade durch den Kopf? Und in welcher Stimmung bist du gerade (gelassen, müde, gereizt, entspannt, angespannt, glücklich, freudig)?
- Normalerweise ist das Starten des Wagens für uns ein unbewusster Mechanismus. Du kannst diesen Automatismus unterbrechen, indem du einmal tief ein- und ausatmest, bevor du das Fahrzeug startest.
Achtsames Autofahren: In Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment
Achte beim Fahren auf Kleinigkeiten, zum Beispiel darauf, wie du dich bewegst oder wie du die Spur hältst. Du kannst auch beobachten, womit dein Geist sich beschäftigt und wovon er sich ablenken lässt, während du das Auto steuerst.
Gelassenheit hinter dem Steuer sorgt für Sicherheit
Jeder weiß, wie gut es sich anfühlt, in einem Zustand innerer Gelassenheit Auto zu fahren. Sind wir klug, machen wir diesen Zustand nicht von äußeren Umständen oder anderen Verkehrsteilnehmern abhängig. Wir haben es selbst in der Hand, unser Bewusstsein zu lenken – so wie unser Auto.
Du selbst entscheidest darüber, wie du damit umgehst, wenn andere Verkehrsteilnehmer sich rüpelhaft oder unfair verhalten. Natürlich hast du keinen Einfluss darauf, dass sie so etwas tun – aber du hast Einfluss darauf, wie du damit umgehst.
Du entscheidest selbst, ob du solch einem Rüpel die Macht gibst, dir deine gute Stimmung zu versauen … oder nicht.
Schwierigen Situationen mit Gelassenheit begegnen
Trainiere auch hier, bewusster zu werden, indem du dir während des Fahrens der wechselnden angenehmen und unangenehmen Empfindungen gewahr wirst. Achte auf den Wechsel, wann sich das eine ins andere umkehrt. Halte an nichts fest, einfach nur diesen fortlaufenden Wechsel zwischen angenehm und unangenehm beobachten.
Auf diese Weise bringst du einen heilsamen Abstand zwischen dich und den aufkeimendem Ärger, anstatt dich von ihm überwältigen zu lassen. Um im Bild zu bleiben: Du behältst auch hier das Steuer in der Hand.
- Was löst beim Fahren angenehme Empfindungen bei dir aus?
- Und was löst unangenehme Empfindungen bei dir aus?
- Wie gehst du mit den Impulsen um, die andere Verkehrsteilnehmer in dir auslösen?
- Kannst du diese Impulse wahrnehmen und den inneren Druck, den sie erzeugen, ohne automatisch darauf zu reagieren?
Registriere aufmerksam alle Gedanken und Gefühle, die dabei auftauchen. Achte darauf, dich nicht mit ihnen zu identifizieren. Wenn sie sehr stark sind, kannst du die Aufmerksamkeit wieder zum Atem bringen.
Übung zum Umgang mit schwierigen Emotionen →
Ein achtsamer Autofahrer ist ein freundlicher Autofahrer
Wesentliche Merkmale der Achtsamkeitspraxis sind Freundlichkeit, Großzügigkeit, Nachsicht und Mitgefühl. Indem wir achtsam Auto fahren, trainiern wir auch diese menschlichen Qualitäten. Versuche deshalb, so gut es geht, dich während des Fahrens auf diese menschlichen Tugenden zu besinnen.
Und vor allem: registriere aufmerksam, wie es sich anfühlt, wenn du dich freundlich, großzügig, nachsichtig und mitfühlend verhalten hast.
Auf diese Weise meditativ Auto zu fahren, sorgt für mehr Sicherheit und Gelassenheit: für dich und andere.
Tipp:
Notiere am Ende des Tages deine Erfahrungen in einem Achtsamkeitstagebuch. Denn: Schreiben schafft Bewusstsein. So lernst du dich selbst besser zu verstehen und vertiefst deine Achtsamkeit Schritt für Schritt.
Mehr Achtsamkeit im Alltag: Praktiziere Achtsamkeit auch beim E-Mail-Schreiben →
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