Hast du Menschen in deinem Leben, die du als Freunde bezeichnest? Welche Bedeutung haben sie für dich? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit du jemanden als Freund bezeichnest? Bist du von einem Freund oder einer Freundin schon mal enttäuscht worden? Erfahre, wie du mit Achtsamkeit Freundschaften führst, die dich glücklich machen.

Was ist Freundschaft?

Mit Freundschaft ist es ähnlich wie mit Liebe: Beide sind für uns so etwas wie ein Terra incognita – ein unbekanntes Land. Denn niemand hat uns je vermittelt, was Freundschaft eigentlich bedeutet, geschweige denn, uns beigebracht, wie man damit umgeht. So sind wir auf uns selbst zurückgeworfen, wenn es darum geht, dieses sensible und für uns Menschen gleichzeitig so wichtige Mysterium zu ergründen.

Was mich dazu brachte, über das Thema nachzudenken, war der Besuch einer Freundin vor einigen Tagen. Unser letztes Treffen lag schon eine ganze Weile zurück und ich habe mich sehr darauf gefreut, sie wiederzusehen. Während meiner liebevollen Vorbereitungen kam mir plötzlich der Satz in den Sinn, dass eine „Freundin“ zu Besuch kommt. Und das brachte mich direkt auf die Frage: „Was ist eigentlich Freundschaft?“

Wer ist ein Freund und wer ist ein Bekannter?

Wieso bezeichne ich manche Menschen als Freunde und andere als Bekannte? Wo ziehe ich da die Grenze? Offenbar gibt es ja eine – und offenbar war sie mir bislang nicht bewusst.

Weil sich der menschliche Geist negativer Gedanken so schlecht enthalten kann, folgten diesen ersten Gedanken dann auch gleich Erinnerungen an schmerzvolle Freundschafts-Erfahrungen. Wie die mit einem Freund, der aus Unbequemlichkeit ein für mich wichtiges Versprechen nicht eingehalten hat.

Ich war damals sehr verärgert. Aber vor allem war ich enttäuscht und verletzt, weil ich erwartet hatte, dass ein Freund hält, was er verspricht. Das brachte mich zum ersten Mal in meinem Leben dazu, bewusst über Freundschaft nachzudenken.

Wahre Freunde

Wahre Freunde bei gutem und bei schlechtem Wetter

Ist Freundschaft nur ein Mythos?

Im Hinblick auf meinen Freund wurde mir klar, dass ich ihn zum Freund deklariert hatte.

Ganz nüchtern betrachtet, waren wir zwei Menschen, die sich gut verstanden und öfter Dinge zusammen unternahmen. Aber ich hatte bestimmt: „Du bist mein Freund!“ und dieses „Upgrade“ war für ihn mit einer ganzen Reihe von unausgesprochenen Verpflichtungen verbunden. Nämlich mit all dem, mit dem man „Freundschaft“ als altmodische Tugend im Allgemeinen so in Verbindung bringt:

Loyalität, Verlässlichkeit und Treue, Ehrlichkeit, Respekt, Verschwiegenheit und ein angenehmes Maß an Nähe und Distanz.

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Freundschaftsideale: Von „überzuckert“ bis instrumentalisiert

Eine gewisse Ambivalenz diesem „Mythos“ und dieser „Feier der Freundschaft“ gegenüber habe ich eigentlich schon immer gespürt. Bei einem Blick in Lebenshilfe-Ratgeber zum Thema Freundschaft wird fast unisono heruntergebetet, wie wichtig Freundschaft für unser Glücklichsein und unsere Gesundheit ist und es mangelt nicht an Schilderungen von emotional-bewegenden Szenen inniger Freundschaft. Ich erinnere mich zum Beispiel an den „Klassiker“ von Dale Carnegie: „Wie man Freunde gewinnt“. Dieses „Lob der Freundschaft“ hatte für mich schon immer etwas irritierend „Überzuckertes“.

Aber es gibt auch weniger Schwülstiges, zum Beispiel handfeste Ratgeber über Freundschaft im „American Style“. Vor Jahrzehnten hab ich mal eines dieser Bücher gelesen: „Suche dir Freunde, bevor du sie brauchst“, von dem Unternehmensberater Harvey McKay.

In diesem Buch wird „Freundschaft“ als Ochse vor den Karren der eigenen Bedürfnisse gespannt. Man solle zusehen, dass zum eigenen „Freundeskreis“ auf jeden Fall ein Arzt und ein Automechaniker gehören.

Wenn Freundschaft nur dem Eigennutz dient

McKay hat sich auch ausführlich darüber ausgelassen, wie man die Objekte seiner Freundschafts-Begierde so manipuliert, dass sie sich wie Freunde fühlen … und sich einem dementsprechend verpflichtet fühlen, wenn man sie braucht. Im Gegenzug hatte er natürlich bestimmte Erwartungen an die Personen, die er als Teil seines elitären Freundeskreises betrachtete.

Er beschrieb in seinem Buch zum Beispiel die folgende Begebenheit. Eines Nachts um 2 Uhr rief ein Freund ihn an, von dem er schon lange nichts mehr gehört hatte. Dieser Freund war in finanziellen Nöten. Um einen kurzzeitigen Liquiditäts-Engpass mit seiner Firma zu überbrücken, bat er McKay um eine größere Geldsumme. McKay schrieb, er hätte ihm die Summe geben können. Aber er gab ihm nur die Hälfte – weil sich dieser Freund so lange nicht bei ihm gemeldet hatte. Getreu dem Motto: „Der meldet sich nur, weil er was will.“ Die Bestrafung dafür folgte also auf dem Fuße.

Damals und auch heute noch empört mich diese fragwürdige Definition von Freundschaft.

Was ist Freundschaft?

Manche Freundschaften halten Jahrzehnte lang

Menschliche Freundschaft hat eine lange Geschichte

Freundschaft hat eine Kulturgeschichte, die vermutlich so alt ist, wie die Menschheit selbst. Die frühesten philosophischen Betrachtungen über Freundschaft die mir bekannt sind, stammen aus der Antike. Nahezu alle großen Denker jener Zeit haben sich mit dieser Beziehungsform beschäftigt.

Vor allem von Aristoteles und Seneca ist viel zu diesem Thema überliefert. Ihre Sicht auf Freundschaft prägt bis heute unsere Einstellung dazu. Zum Teil sind ihre Ausführungen durchaus zeitgemäß – und hilfreich, wie ich finde. Zum Beispiel schreibt Aristoteles:

„Freundschaft liegt vor, wenn einem das Wohlergehen des anderen genauso am Herzen liegt, wie das eigene – und wenn dieses Wohlwollen auf Gegenseitigkeit beruht.“

(Harvey McKay hätte von Aristoteles einiges lernen können …).

Sehr modern finde ich bei Aristoteles auch den Ansatz, dass Selbstfreundschaft bzw. Selbstliebe die Grundvoraussetzung jeder freundschaftlichen Beziehung ist. Diese Haltung finden wir auch in der buddhistischen Psychologie – und die modernen Forschungen zum Thema Selbstmitgefühl bestätigen das.

Verklärte Freundschaftsideale

Ganz unkritisch sollte man die Ausführungen der antiken Philosophen jedoch nicht sehen. Sie verschweigen zwar nicht die schwierigen Aspekte, die Freundschaft mit sich bringen kann – aber im Großen und Ganzen idealisieren sie das Thema doch gewaltig.

Aristoteles sagte zum Beispiel: Freundschaft beruhe auf Gleichheit und Übereinstimmung – sie sei eine Erweiterung des „Ich“; ein „Aufgehen im anderen“.

Als ich das las, fühte ich mich direkt an deutsche Schlager erinnert und ich frage mich, inwieweit sich das antike Gedankengut in den schwülstigen Liebesschwüren und verkitschten Vorstellungen von einträchtigen, ekstatischen Freundschaftsidealen in den heutigen Schlagertexten wiederfindet.

Da wurde vor Jahrhunderten – und wird auch heute noch – ein Ideal entwickelt, von dem eine reale Freundschaft im wirklichen Leben nur ein blasser Abklatsch sein kann. Und dann denken viele: Oh, so sollte wahre Freundschaft aussehen – und ich bin völlig unfähig dazu – denn meine Freundschaften sind nie so harmonisch, sondern immer von Höhen und Tiefen geprägt.

Willkommen in der Realität!

Die verklärten Definitionen von Freundschaft haben immer mit Identifikation zu tun. Beschrieben werden Beziehungen zwischen Gleichgesinnten in vergleichbaren Lebenssituationen mit ähnlichem biografischem Hintergrund, die ähnliche Lebenserfahrungen gemacht haben. Die Welt auf eine übereinstimmende Weise wahrzunehmen, Werte und politische Ansichten zu teilen, so heißt es, schweiße zusammen.

Ziemlich enges Konstrukt.

Freundschaft im Buddhismus

Freundschaft hat im Buddhismus eine große Bedeutung

Warum Freundschaft derzeit eine Renaissance erlebt

Interessant ist, dass wir in einer Gesellschaft, die sich Individualismus und Unabhängigkeit auf die Fahne geschrieben hat, derzeit eine Renaissance des Freundschaftsideals erleben. Familie und Freundschaft rücken auf einmal verstärkt in den Fokus. Wie kann das sein, in unserer „aufgeklärten“, modernen Zeit?

Nach meiner Ansicht hängt das mit den besonderen Umständen zusammen, denen sich die Menschheit derzeit ausgesetzt sieht. Wohlstand und Sicherheit bröckeln. Zuerst Corona und dann der Krieg in Europa – immer mit der Gefahr eines dritten (Atom-)Weltkriegs, Energiekrise, Überbevölkerung und die Auswirkungen der Erderwärmung lassen zusammenrücken.

Freundschaft als Rettungsring in einer aus den Fugen geratenen Welt

Hier erlangt Freundschaft die Bedeutung eines Rettungsrings, an den wir uns klammern, um in einer aus den Fugen geratenen Welt nicht unterzugehen. Die Gleichheit, die dem Freundschafts-Ideal zugrunde liegt, vermittelt uns scheinbar Sicherheit, Verlässlichkeit, Orientierung und Ordnung.

Aber diese Gleichheit kann auch zu einem geistig-emotionalen Gefängnis werden, denn in ihr Bild passen nur Ansichten und Meinungen, die den eigenen gleichen. Was nicht ins persönliche Weltbild passt, muss leider draußen bleiben.

Wir erleben nicht nur in Amerika sondern auch in Deutschland die unheilsamen Auswirkungen der Polarisierung, die aus diesem engen Denken hervorgeht. Setzen wir mit solch einem Verständnis von Freundschaft nicht aufs falsche Pferd? Denn wie haltbar kann eine Freundschaft sein, die nichts als eine Selbstbespiegelung ist und im anderen nur sucht, was sie bereits kennt?

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Die Sichtweise der buddhistischen Psychologie auf Freundschaft

Aus der Perspekte der buddhistischen Psychologie sieht alles mal wieder ganz anders aus. Freundschaft spielt in der buddhistischen Praxis eine herausragende Rolle und die Sangha, also eine Gemeinschaft praktizierender Buddhisten gilt als buddhistische Praxis gelebter Freundschaft. Freundschaft wird hier als etwas Lebendiges betrachtet, das von Moment zu Moment entsteht.

In seinem Buch Der Prophet schreibt Khalil Gibran etwas über die Liebe, das auch zur Freundschaft passt:

Khalil Gibran - Zitat

Statt Freundschaft unter einer Enge von Vorstellungen und Erwartungen zu ersticken, wird ihr Raum zum Atmen gelassen. Dazu gehören bestimmte heilsame Sichtweisen, zum Beispiel

  • die eigenen Vorstellungen von Freundschaft loszulassen
  • Dissonanzen zuzulassen und zu akzeptieren, dass auch eine Freundschaft so etwas wie Ebbe und Flut unterworfen ist

Freundschaften verändern sich

Freundschaften verändern sich, das liegt in ihrer Natur. Kennt nicht jeder von uns die Situation, wenn man Single ist und eine Freundin oder einen Freund hat, der ebenfalls Single ist – und wenn der andere sich plötzlich verliebt und eine Liebesbeziehung eingeht?

Ich kann mich jedenfalls an solch eine Situationen aus dem Teenager-Alter erinnern, die ich damals als leidvoll erlebt habe. Ich fühlte mich verraten, ausgestoßen und einsam, wie ein kleiner Vogel, der aus dem Nest gefallen ist. Die Freundin war ja nicht gestorben – sie war ja immer noch da – aber irgendwie nicht mehr für mich. Jedenfalls nicht mehr so wie vorher.

Wenn das „Wir“ zum „Ihr“ wird

Dinge, die wir zuvor miteinander geteilt und besprochen hatten, teilte und besprach sie jetzt mit jemand anderem. Meine Position als gefühlte „Bezugsperson“ für die wichtigen und auch für die unbedeutenden Dinge im Leben der Freundin hatte jetzt eine andere Person eingenommen.

Aus dem „Du“ war plötzlich ein „Ihr“ geworden. Das drückte sich zum Beispiel darin aus, dass wir fortan zu dritt waren, wenn ich sie besuchte. Ihr Freund war wie selbstverständlich immer mit von der Partie. Bei mir führte das dazu, dass ich über Dinge, die mich gerade umtrieben oder über Details aus meinem Leben nicht mehr sprach.

Unser vormals inniger Austausch wurde plötzlich etwas „external und ich-fern“. Man redete über Dies und Das – über substanzlose Dinge. Es war „nett“. Ich war enttäuscht und irritiert und wollte verstehen, was hier passiert war. Aber erst einmal musste ich meine Verwirrung, Verärgerung und Enttäuschung bearbeiten.

Akzeptanz, um Freundschaft umzugestalten

Aus Sicht der Achtsamkeitspraxis ist Akzeptanz, eine der Haltungen der Achtsamkeit, auch von besonderem Wert für die Neuordnung einer Freundschaft. Die Situation braucht Akzeptanz für die eigene Traurigkeit, für das Gefühl des Verlorenseins, weil wir in gewisser Weise gerade einen Verlust erlitten haben.

Manchmal ist noch nicht mal so richtig klar, worum wir eigentlich genau trauern – oder was wir verloren haben … aber es ist wichtig auch das zu akzeptieren – dass einfach ein undefinierbares Gefühl von Traurigkeit spürbar ist. Dieses Anerkennen kann der erste Schritt auf dem Weg zu mehr eigener Authentizität und innerer Stärke sein. Dazu müssen wir uns jedoch von der (unbewussten) Illusion verabschieden, die Freundin oder der Freund müsste uns vor den möglichen Einsamkeitsgefühlen unseres Single-Daseins bewahren.

Dafür sollten Freundschaften nicht herhalten müssen. Aber die Wahrheit ist, dass sie unbemerkt oft genau dafür missbrauchen.

Beste Freundin

Freundschaft mit Achtsamkeit gestalten

Achtsame Freundschaft: Abschied von Idealvorstellungen

Uns von unheilsamen Illusionen zu verabschieden, heißt nichts anderes, als sie loszulassen. Wir sind manchmal imstande, an Beziehungen festzuhalten, als wenn unser Leben davon abhinge. Wie schmerzvoll dieses Festhalten ist, merken wir gar nicht. Erst wenn wir zum Loslassen gezwungen sind, tritt dieser Schmerz ins Bewusstsein. Er bringt uns wieder näher an die Realität – eigentlich eine gute Sache – aber nicht immer leicht.

Für mich bedeutet Freundschaft, nicht wegzugehen, wenn es schwierig wird, wenn ich mich verletzt oder missverstanden fühle. Es geht darum, mich auf das Wagnis einzulassen, das zu klären … und mich selbst dabei möglicherweise neu zu erfahren. Wahre Freundschaft erfordert, sich von Idealen zu verabschieden, wie der andere zu sein hat.

Weg von „du bist okay – ich bin okay“ hin zu „du bist nicht okay, ich bin nicht okay – und das ist okay“. Freundschaft ist so perfekt und so unperfekt wie das Leben selbst.

Die Freundin oder den Freund nicht zur Projektionsfläche machen

Im Sinne einer achtsamen Freundschaft verzichten wir darauf, den anderen zur Projektionsfläche unserer Emotionen, unserer unerfüllten Wünsche und Bedürfnisse und ungelösten inneren Konflikte zu machen. Statt dessen üben wir uns darin, Kontroversen und Disharmonien aushalten (die natürlicher Bestandteil jeder Art von Beziehung sind).

Manchmal könnte man auch einen geliebten Menschen an die Wand klatschen

Manchmal könnte man selbst einen geliebten Menschen einfach an die Wand klatschen. Und das ist völlig normal. Damit unsere Freudschaften uns glücklich machen, können wir versuchen, die Welt auch mit den Augen des anderen zu sehen und zu verstehen und Andersartigkeit zu akzeptieren.

Achtsamkeitsübung der Freundschaft im Alltag

Als echte Achtsamkeits-Alltags-Übung der Freundschaft habe ich das Corona-Impfthema erlebt. Einige meiner Freude hatten sich impfen lassen und einige nicht. Wir haben offen und vorurteilsfrei darüber geredet. Aus unserer achtsamen inneren Haltung heraus haben einen wertfreien Raum geschaffen, in dem alle Gedanken und Ängste Platz hatten und Anerkennung fanden. Selten habe ich Freundschaft so tief empfunden, wie in diesen Gesprächen.

Wenn Freundschaft verletzt

Manchmal fühlen wir uns in einer Freundschaft sehr verletzt. In solchen Momenten kann Nicht-Handeln das beste Mittel sein. Eine „Auszeit“ ist hilfreich, um die überbordenden Emotionen und Gedanken zu beruhigen und die Situation mit Abstand zu bewerten.

Vielleicht bekommen wir in dieser Zeit eine andere Sicht auf das Geschehen. Oder wir erhalten Informationen, die das Ganze in ein anderes Licht rücken. Aber der Bruch kann auch unüberbrückbar sein und in der Entscheidung münden, die Freundschaft zu beenden.

Eine Freundschaft achtsam beenden

Kann man eine Freundschaft „achtsam“ beenden? Man kann. Aus Sicht der Achtsamkeitspraxis gibt es einen Unterschied zwischen Loslassen und Wegwerfen. Das Schlechte, das geschehen ist, macht das Gute nicht ungeschehen. Achtsam loszulassen bedeutet, im Trennungsprozess das Gute in uns, im anderen und das Gute, das die Beziehung uns einmal bedeutet hat, zu würdigen.

Unabhängig davon, dass wir uns am Ende der Freundschaft „schuldig“ fühlen oder nicht, erweist sich ein Vergebungsritual oft als heilsam.

Erfahre hier mehr über die heilsame Kraft der Vergebung →

Der richtige Freund sein

Bevor wir eine Freundschaft in die Tonne drücken, weil der andere ein „schlechter“ Freund war, lohnt ein Blick auf die eigene Person. War bzw. bin ich ein guter Freund?

Zu meiner Hochzeit als junge Frau schenkte mir meine Großmutter eine Karte, auf der etwas stand, das ich nie vergessen habe:

Wichtig ist nicht, dass man den richtigen Partner hat, sondern dass man der richtige Partner ist.“

Wahres Glück finden wir in einer freundschaftlichen Verbindung, die nicht fordert und nimmt, sondern in der vor allem das Geben ein Herzensbedürfnis ist.

Denn wirkliches Glück, sagen die buddhistischen Lehren, besteht darin, andere glücklich zu machen.

Wenn du glücklich sein willst, mach andere glücklich.“
Dalai Lama

Also mach Freundschaft zum Teil deiner Achtsamkeitspraxis. Als Wegweiser für rechtes Verhalten, Denken und Fühlen mögen dir auch hier die Haltungen der Achtsamkeit dienen.

Freundschaft als Achtsamkeitsübung

Wie alles andere in unserem Leben können auch freundschaftliche Beziehungen gute Achtsamkeitsübungen sein, an denen wir lernen und wachsen. Wir können Freundschafts-Krisen als Dünger für unsere Achtsamkeitspraxis nutzen.

Praktiziere

  • Freundschaft als Weg
  • Freudschaft als Kunst
  • Freundschaft als einen sich stets verändernden lebendigen Prozess

Für mich ist Achtsamkeit gelebte Liebe. Deshalb zum Schluss noch einmal etwas über die Liebe von Khalil Gibran:

„Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil. Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin, auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann. Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie, auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann, wie der Nordwind den Garten verwüstet. Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich. (…) Wie Korngarben sammelt sie dich um sich. Sie drischt dich, um dich nackt zu machen. Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien. Sie mahlt dich, bis du weiß bist. Sie knetet dich, bis zu geschmeidig bist; und dann weiht sie dich ihrem heiligen Feuer, damit du heiliges Brot wirst, für Gottes heiliges Mahl.“

© Doris Kirch, 2022