Steht die Qualität einer Achtsamkeitstrainer-Ausbildung im Zusammenhang mit der Gruppengröße? Hartnäckig hält sich bei einigen der Mythos, dass eine große Gruppe weniger effizient ist. Unserer Erfahrung nach ist eine gelungene Ausbildung eher das Resultat einer guten Didaktik.
Ist die Gruppengröße ein Kriterium für Qualität?
Heute hat wieder eine Gruppe ihre Ausbildung zum Achtsamkeitstrainer bei uns im DFME begonnen. Es gab ein paar leicht erstaunte Äußerungen zur Gruppengröße von dreißig Personen. In diesen Bemerkungen schien die besorgte Frage mitzuschwingen, ob mit solch einer „großen“ Gruppe eine gute Ausbildung zu gewährleisten sei.
Einmal abgesehen davon, dass man die Frage, was eine große bzw. kleine Gruppe ist, durchaus kontrovers diskutieren kann, fragten wir uns, woher die weitverbreitete Idee kommt, dass größere Gruppen eine verminderte Ausbildungsqualität bedeuten.
Unsere Vermutung ist, dass diese Idee aus der veralteten Pädagogik unseres Schulsystems stammt. Früher wurde die Reduzierung von Klassengrößen als Allheilmittel für sämtliche Unterrichts- und Lernprobleme gesehen.
Unsere Fachausbildung zum Trainer für Achtsamkeit, Resilienz und Selbstmitgefühl DFME gibt es seit über zwanzig Jahren. In dieser Zeit haben wir Erfahrungen mit allen Gruppengrößen gesammelt. Unser Fazit ist: Die Gruppengröße ist für die Qualität einer Ausbildung nicht entscheidend.
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Didaktische Vielfalt ist wichtig
Für jemanden, der sich fortwährend in den Mittelpunkt bringen und einen persönlichen Zugriff auf den Dozenten haben möchte, bietet eine große Gruppe natürlich keine geeignete Plattform. Für diejenigen jedoch, die sich flexibel in Zweier-Gruppen und in Kleingruppen integrieren können und die sich auch nicht scheuen, sich im Plenum zu engagieren, bietet eine größere Gruppe eine Fülle lebendiger Möglichkeiten für Selbsterfahrung, Lernen, Reflektieren und Sich-Einbringen.
Unsere Erfahrung wird durch den neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie bestätigt. In der weltweit umfangreichsten Darstellung zur Unterrichtsforschung, die 50000 Einzelstudien umfasst, hat er untersucht, was guten Unterricht ausmacht. Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, welche Faktoren sich förderlich und welche sich hemmend auf das Lernen auswirken.
In diesem Zusammenhang greift die Meta-Studie von Hattie auch die Frage auf, ob kleine Lernklassen den Lernerfolg fördern.
Fazit der Studie: Kleine Klassen tragen so gut wie nichts zum Unterrichtserfolg bei!
Besondere Bedeutung: Die Person des Lehrenden
Eine wirklich große Bedeutung hingegen wird der Person des Lehrers beigemessen. Was einen guten Lehrer bzw. Dozenten ausmacht, ist dessen Fähigkeit, den eigenen Unterricht aus der Perspektive seiner Schüler und mit deren Augen zu sehen. In diesem Zusammenhang schnitt sogar der pädagogisch vielfach verteufelte „Frontalunterricht“ unerwartet gut ab – vorausgesetzt, der Lehrende redet eher wenig und gestaltet ihn interaktiv.
Hatties wissenschaftliche Arbeit zum Thema Lernen brachte noch ein anderes Ergebnis hervor, das wohl die wenigsten von uns wundern wird: Zum Gelingen eines guten Unterrichts gehört die emotionale Seite des Lernens. Ohne Respekt, Wertschätzung, Fürsorge und Vertrauen könne Unterricht nicht gelingen. Hattie belegt diese Behauptung mit eindrucksvollen Zahlen.
Buchtipp: John Hattie: Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen
Jede Gruppengröße hat Vor- und Nachteile
Kleine oder große Gruppen … jede Gruppengröße hat ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist, die Didaktik der jeweiligen Gruppengröße anzupassen. Vorgehensweisen und Übungen müssen sich an den Teilnehmerzahlen orienteren. Wenn das in einer Ausbildung gut umgesetzt wird, ist sie als gelungen zu bewerten – aber die Gruppengröße für sich genommen sagt über die Qualität einer Ausbildung nichts aus.
Zum Beispiel ermöglicht die Größe unserer Ausbildungsgruppen ein deutschlandweites Peer-Group-System. Wir haben gestern eine Nord-, eine Mittel- und eine Südgruppe und zwei Gruppen in Ballungsräumen gebildet. In diesen Peer-Groups treffen sich die Teilnehmer regional zwischen den einzelnen Ausbildungsblöcken, um ihre Erfahrungen auszutauschen, miteinander zu üben und zu meditieren. Mit einer kleinen Gruppe wäre so etwas nicht möglich.
Fortlaufende Modifizierung der Inhalte und Didaktik
In den zwanzig Jahren unserer Ausbildung zum Achtsamkeitstrainer haben wir nicht nur die fachlichen Inhalte immer wieder modifiziert und den Erfordernissen von Gesellschaft und Krankenkassen angepasst, und wir haben uns auch immer wieder Gedanken zur Didaktik gemacht. Wo immer etwas zu schwer verständlich oder zu anstrengend für unsere Teilnehmer war, haben wir Modifikationen vorgenommen.
So ist im Laufe der vielen Jahre ein ausgereiftes Unterrichtsmodell entstanden. Lehrvorträge, Einzelarbeit, Dyadenarbeit, Arbeit in Kleingruppen und im Plenum wechseln sich ab. Wir lernen, üben, meditieren und entspannen uns, so dass trotz aller Anforderungen zwischendurch auch immer ein wenig Urlaubsgefühl mitschwingt. Unsere angehenden Achtsamkeitstrainerinnen erleben ein tiefes Bei-sich-selbst und in der Stille Ankommen und fühlen sich gleichzeitig in einer großen Gruppe Gleichgesinnter vertrauensvoll aufgehoben.
Der Erfolg scheint uns recht zu geben: Auch am Ende dieser ersten Ausbildungswoche waren wieder alle Teilnehmer tief bewegt, glücklich, dankbar und zufrieden nach Hause gefahren.
Und wir Dozenten!? Wir sind ebenfalls tief bewegt und freuen uns sehr, dass unsere Jahrzehnte lange Arbeit und unser Bemühen im Dienst unserer Teilnehmer solche wundervollen Früchte hervorbringt.
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